Es ist wieder soweit – endlich ein neues Koch-Event! Nach der langen Durststrecke seit dem letzten Ma(h)l 2013 starten die Gwex-Events 2015 wieder voll durch, mit einem spätwinterlichen Menü Ende Februar.
Statistik gefällig? Nein? Macht nichts, kommt trotzdem. Diesmal habe ich leider das Zählen vergessen, aber es sollten 27 Köche gewesen sein, davon 4 Profis. Das Menü startete mit einem Personalessen zur Mittagszeit. Danach Apéro, 3 Amuses, 9 Gänge, Petit Fours und ein Überraschungsgang. Dass der bewährte Landgasthof nebenbei regulär geöffnet hatte, und Marcus entspannt seine Gäste versorgte, während die Meute seine Küche verwüstete, ist ja quasi schon selbstverständlich. 😉
Wie schon beim letzten Mal gab es wieder einen großen Masterplan, der die Menüfolge, die Köche-Zuteilung und den Zeitplan deutlich sichtbar bekannt gab. Beim letzten Mal war 3 1/2 Stunden nach dem geplanten Ende wirklich Schluss. Sind wir mal gespannt, wie dieses Mal die Bilanz aussehen wird!
Für einen frischen Start in die Events gab es ein paar Änderungen im Vergleich zum letzten Mal. So traf sich eine kleine, unerschrockene Horde von Teilnehmern schon einen Tag vorher, um alles mögliche vorzubereiten. Einige Komponenten des Menüs mussten sowieso einen Tag im Voraus zubereitet oder eingelegt werden. So war zum offiziellen Beginn am Samstag um 10 Uhr schon eine ganze Menge fertig vorbereitet. Und sogar die Zutaten nach Gängen in Kisten sortiert, um das übliche Suchen zu verhindern. So weit, so optimistisch.
Eine weitere Änderung hatte wahrscheinlich nur das Ziel, mir das Leben schwerer zu machen. 😀 Dieses Mal sollten alle Gänge sowohl (wie bisher) auf Porzellan, als auch auf Steingut und rustikaler fotografiert werden. Doppelte Arbeit also, dafür allerdings auch doppelter Lohn, der für mich ja aus Naturalien besteht. Außer beim Fisch und Fleisch habe ich mich an doppelten Portionen erfreut – Ehrenwort. Damit sah das Fotoset diesmal auch etwas anders aus. Sonst gab es einen Aufbau für die Teller und den schwarzen Spiegel. Nun ein weißes und ein rustikales Set. Außerdem hatten wir eine wunderbare Tafel, dank des eifrigen Einsatzes einer Expertin. So nobel ging es noch bei keinem Event zu!
Vor den ersten Gängen gab es einen kurzen Ausflug in die Patisserie. Einer der vier Profis ist Konditormeister und leidenschaftlicher Eismacher. Daher gab es nicht nur eine große Profi-Eismaschine in Aktion zu bestaunen, sondern auch eine Schokoladeneis-Verkostung. Harte Arbeit, selbstverständlich!
Und nein, die linke Kugel ist kein Schokoladeneis. 😉 Die kommt später noch ins Spiel…
Doch nun genug des Vorgeplänkels, starten wir durch mit dem Menü! Zur Auflockerung, mit geplanter und tatsächlicher Uhrzeit. 😉 Der Fairness halber – der Uhrzeit des Fotos. Das kann schon mal 10-20 min nach dem Servieren des ersten Tellers sein.
12:00 / 12:30 Das Personalessen, von unserem Hamburger Profi. Mein erster Labskaus, zumindest bewusst. Gut, ist sicher keine gewöhnliche Variante, aber war eine gute Grundlage für den Tag. Und die Rote Bete-Chips… die sollten besser nicht zu offen herum stehen, sonst verdunsten sie irgendwie. Zumindest in meiner Nähe.
13:00 / 13:30 Zum Apéro gab es neben Apfel-Champagner aus der Heimat diverse Knabbereien. Die Pistazien-Sablés hatten eine leicht süße Note durch Berberitzen und waren genau meine Richtung. Die Kichererbsen hatten die perfekte „Knabber-Würze“, waren aber leider nicht knusprig. Ist wahrscheinlich auch eher schwierig mit Kichererbsen… Schließlich gab es noch „Hanfblätter“, also Cracker mit Hanf. Würzig-nussig, passt eh. So wie die Zeit, noch schaut’s gut aus!
15:00 / 15:10 Amuse Nr. 1 war definitiv mein Favorit unter den Küchen-Grüßen! Aal-Brandteig, paniert und frittiert. Fruchtiges Chutney dazu – perfekt!
15:15 Amuse Nr. 2, die obligatorische Foie Gras. Gleichzeitig war dieses Amuse eine Reminiszenz an diesen Zwischengang aus dem Winter 2012. Der Sellerie kam diesmal in Form eines Pürees, kleinen Staudenselleriewürfeln, und einer abgeflämmten Variante: Staudensellerie wurde mit einer Lötlampe ordentlich Feuer gemacht, was für eine interessante Räuchernote sorgte.
15:50 Amuse Nr. 3, wieder mal ein Beitrag des Gasthof-Lehrlings. Die Flusskrebse waren so frisch, wie irgend möglich – quasi putzmunter. Jedoch war jeder Fluchtversuch zwecklos…
Hier ist doch eine gute Gelegenheit, mal über die beiden Foto-Varianten zu reden. Es war unglaublich spannend, wie das gleiche Gericht auf zwei verschiedenen Tellern und Untergründen, und mit leicht verschiedenem Anrichten, wirkt! Interessanterweise habe ich bei fast jedem Gang eine favorisierte Variante, aber die wechselt zwischen Porzellan und Steingut. Kräftige Farben kommen gut auf weiß, helle Gerichte auf den warmen Farben des Steinguts. Beim dritten Amuse ist mein Liebling eindeutig die rechte Variante – aber das liegt an der Schale. Olivenholz ist einfach toll! Bei anderen Teilnehmern bzw. in Diskussionen mit anderen Leuten, die nicht dabei waren, zeigt sich, dass es verschiedene Lager gibt. Einige finden durchgängig die Porzellan-Variante schöner, andere durchgängig das Steingut. Und wieder andere wechseln je nach Gang ihre Vorliebe. Spannend!
Kleiner Hinweis auf die Uhr, wir fallen zurück.
15:45 / 16:25 Die erste Vorspeise, „Wintergemüse“ genannt. Ein sensationelles Püree von gebackenen Kartoffeln bildete die Grundlage. Darauf waren diverse bittere Gemüse (Frisée, Cima di Rapa oder Rübstiel, und Puntarelle) und Gedöns angerichtet. Eigentlich hätten auch noch u.a. Schwarzwurzel-Tempura und Molkekäse dabei sein sollen, aber ein bisschen Schwund ist ja immer. 😉
16:15 / 17:10 Eine Maronensuppe ist immer etwas feines! Und mit Trüffel- und Käsescheiben eine Aromenbombe. Es grüßen auch zum ersten Mal an diesem Event die Topinambur, damit haben wir schon zwei Stammgäste.
16:45 / 17:50 Der zweite Zwischengang – „Kleine Tierchen“. Ein Kaninchenrücken in einer Rolle mit Hühnerfarce, Feldsalat und Brot. Dazu Schnecken-Gemüse-Ragout und diverse andere spannende Sachen wie fermentierte Lindenblätter und eingelegte Bärlauchknospen. Oder geräucherte Oliven. Ganz sicher einer der spannendsten Gänge, und ausgezeichnet! Gut, Schnecken geben mir einfach nichts, aber der Rest vom Ragout war gut. 😉 Und Schabziger im Risotto ist eine schöne Abwechslung zum Parmesan!
17:30 / 18:50 Im Fischgang gab es dieses Mal Waller. Daher der Name des Gangs – „Wallawalla“. Der Fisch war genau richtig gegart, wunderbar zart mit einer schönen Kruste. Mein persönliches Highlight des Gangs war allerdings der Brunnenkresse-Espuma oben drauf bzw. daneben. Aromatisch, leicht säuerlich frisch, ein toller Farbklecks dazu. Hier bin ich hin und her gerissen, welche Variante mir besser gefällt. Der Porzellanteller sieht sehr edel aus, das Grün und Schwarz leuchten geradezu. Auf der anderen Seite sieht der rechte Teller einfach harmonisch fließend aus, sowohl in den Farben, als auch in der Form. Eindeutig keine eindeutige Präferenz. 🙂
17:45 / 19:30 Diesmal wieder ein Eis als Break. Vom grünen Anis, quasi ein kleiner alkoholfreier Pastis zwischendurch, um den Magen auf den Fleischgang vorzubereiten. 😉 Die Zedrat-Zitrone ist diejenige, aus der Zitronat gemacht wird. Man kann sie auch so im Ganzen essen, denn ihr Albedo (das weiße zwischen Schale und Fruchtfleisch) ist nicht so bitter. Dafür das Fruchtfleisch. Irgendwas ist ja immer… Besondere Erwähnung verdient noch die Knallbrause. Die war schon seit Jahren als Komponente in den Menüs vorgesehen, fiel aber aus den verschiedensten Gründen immer kurzfristig aus. Nun hat sie endlich den Weg zum Event gefunden. Hier haben wir auch ein schönes Beispiel für eine (für mich) eindeutige Teller-Wahl. Die hellen Komponenten wirken auf dem Porzellan einfach nicht, während sie in der roten Schüssel geradezu zu leuchten beginnen.
18:00 / 20:00 Nach Bison, Wagyu, Zicklein und diversen anderen Tieren, nun also Pferd – „Hüüüh und Hott“. Trifft sich ausgezeichnet, Pferd ist ein tolles Fleisch! Sehr zart, und endlich einmal auch ein Sauerbraten davon. Das stand schon länger auf meiner persönlichen Liste, denn traditionell wurde Sauerbraten in bestimmten Regionen früher immer vom Pferd gemacht.
In diesem Gang findet sich ein interessanter und spannender Ansatz wieder, der zur Zeit von diversen Köchen verfolgt wird: Ein Tier nur mit Dingen begleiten, die aus seiner Umgebung kommen oder irgendwie damit zu tun haben. Daher gab es zum Pferd Rüben, Apfel im Heu(-Rauch), Karotten und Hafer(-flocken). Und das passt wirklich ausgezeichnet! Die Äpfel hätten für meinen Geschmack noch etwas mehr Heu- und Raucharoma vertragen, und die Kroketten etwas mehr Lockerheit. Aber sonst ein sehr schöner Gang!
18:30 / 20:30 Limburger ist ja ein Käse, der durchaus emotionale Reaktionen auslöst. Als Espuma kommt er allerdings geradezu auf Samtpfötchen daher und sollte selbst empfindliche Nasen nicht belästigen. Die Kümmel-Air passte sehr gut dazu, vom Chutney hätte ich mir etwas mehr Hopfen, dafür weniger Kardamom erhofft. Aber Abschmecken ist ja eine individuelle Sache. Das Früchtebrot erinnerte etwas an Weihnachten. 😉
19:00 / 21:55 Auf dieses Dessert – „Dark Side of Dessert“ – hatte ich mich seit Bekanntgabe des Menüplans gefreut. Mohn und Marzipan sind eine geniale Kombination (auch als Eis!), Blaubeeren & Lakritze, Eis, Fudge… Da freut sich das süße Herz! Und der Gang enttäuschte nicht, im Gegenteil. Das Wattleseed-Eis kommt definitiv auf die Liste der Lieblingssorten. Und beide Teller sind definitiv ganz oben bei meinen persönlichen Highlights dieses Events. Jeder gefällt mir auf seine eigene Art wirklich gut. Das ist auch die richtige Gelegenheit, einen Dank und Gruß an einen weiteren Profi los zu werden. Konsti, mit dir Teller auszuknobeln und anzurichten, ist mir jedes Mal eine wahre Freude! Deine Begeisterung und Kreativität lassen auch nach mittlerweile 12 Stunden Arbeit nicht nach und spornen an. Was übrigens ein gutes Stichwort ist – inzwischen ist der Rückstand bei 3 Stunden. 😉
19:30 / 22:30 Beim zweiten Dessert – „Fresh & Fruit“ – durfte ich endlich auch mal wieder einen Teller komplett selbst entwerfen und anrichten (den blauen). Und danach in Ruhe beide Teller aufessen, denn dies war der letzte Gang aus der Küche, und auch der letzte zeitkritische. 😉
20:00 / 22:55 Als letzten offiziell geplanten Gang gab es schließlich noch ein paar Pralinen / Petit Fours. Die weiße Ganache/Pfeffer-Praline war mein klarer Favorit.
Nach den Pralinen gab es noch einen inoffiziellen Nachschlag. Konsti hatte selbst gemachte (!!) Käse mitgebracht, die selbstverständlich auch angemessen in Szene gesetzt wurden. Leider muss ich gestehen, dass zu dem Zeitpunkt meine Aufnahmefähigkeit endgültig zu Ende war, so dass ich nichts zu dem Käse sagen kann… Er wurde aber von den Anderen durchgängig hoch gelobt!
Damit endete das erste Event nach der langen Pause. Knappe 3 h Verspätung sind es diesmal geworden, dafür aber ein Ende deutlich vor Mitternacht – im Gegensatz zu 0:37 beim letzten Mal. Heimfahrt um 0:30 ist deutlich angenehmer als um 02:30. 😉 Ein wahrlich fulminanter Auftakt würde ich sagen! Wieder einige sehr tolle Gänge und Komponenten dabei, und die Anrichte-Varianten sind eine spannende Sache. Wenn auch doppelte Arbeit, sowohl vor Ort, als auch besonders hinterher. Die Teilnehmer haben zum Glück (relativ) große Geduld bewiesen, bis die Bilder fertig und vorzeigbar waren.
Ein toller Bericht über das Event! Und natürlich die superschönenen Fotos!!
Und ein klein wenig muss ich protestieren, gegen dieses Herumreiten auf meiner Zeitplanung – ab dem Zwischengang wurden Klagen laut, die Gänge kämen zu schnell, weil manche/einige Teilnehmer schon satt wären! 😀
Was ich gar nicht nachvollziehen konnte. ;-)Hätte ich darauf nicht Rücksicht genommen, wären wir 20 Minuten früher fertig geworden! 😀
Point taken 😉
Ein toller Bericht. Und, latürnich, tolle Fotos! Mir gefallen eigentlich immer beide Varianten und ich bin froh, mich nicht entscheiden zu müssen.
Eines allerdings interessiert mich brennend: Wie hat es denn mit dem Zeitplan geklapt…?
*duck